Moderne Personalbedarfsermittlung

Juni 12, 2025
von Michael Ahr
Geschäftsführer

Moderne Personalbedarfsermittlung: Warum systematische Stellenbemessung unverzichtbar für zukunftsfähige Verwaltungen ist

Die öffentliche Verwaltung steht vor einem Dilemma: Während die Aufgabenvielfalt stetig wächst und die Anforderungen komplexer werden, sind die finanziellen Spielräume begrenzt. Gleichzeitig verschärft sich der Fachkräftemangel, und der demografische Wandel führt zu einem substanziellen Generationenwechsel. In dieser Situation wird eine fundierte Personalbedarfsermittlung vom Nice-to-have zum überlebenswichtigen Steuerungsinstrument.

 

Das Ende der Personalplanung nach Bauchgefühl

Jahrzehntelang konnten Verwaltungen ihren Personalbedarf nach bewährten Mustern planen: Bei steigenden Aufgaben wurden zusätzliche Stellen beantragt, bei Haushaltsengpässen wurde der Status quo eingefroren. Diese Zeiten sind vorbei. Die neue Realität erfordert eine präzise, methodisch fundierte Herangehensweise, die zeigt, wo Personal wirklich benötigt wird und wo Effizienzreserven liegen.

Das Problem oberflächlicher Personalplanung zeigt sich in typischen Verwaltungsrealitäten: Überlastete Bereiche arbeiten am Limit, während andere Abteilungen ihre Kapazitäten nicht voll ausschöpfen. Neue Aufgaben werden ohne systematische Analyse der Auswirkungen auf bestehende Strukturen übertragen. Digitalisierungsprojekte scheitern, weil die personellen Voraussetzungen für die Umsetzung fehlen oder falsch eingeschätzt wurden.

Eine oberflächliche Betrachtung führt zu suboptimalen Entscheidungen: Entweder werden zu viele Ressourcen bereitgestellt, was unwirtschaftlich ist, oder zu wenige, was zu Qualitätseinbußen und Überlastung führt. Beide Szenarien sind in Zeiten knapper Kassen und hoher Erwartungen nicht mehr vertretbar.

 

 

Personalbedarfsermittlung als strategisches Steuerungsinstrument

Moderne Personalbedarfsermittlung ist weit mehr als eine technische Übung zur Stellenberechnung. Sie ist ein strategisches Instrument, das Verwaltungen in die Lage versetzt, ihre Personalressourcen gezielt und wirkungsorientiert einzusetzen. Dabei geht es nicht nur um die Frage „Wie viele Stellen brauchen wir?“, sondern um die viel wichtigeren Fragen: „Für welche Aufgaben setzen wir unsere begrenzten Personalressourcen ein?“, „Welche Qualitätsstandards sind für die jeweilige Aufgabenwahrnehmung angemessen?“ und „Wie können wir mit optimaler Personalausstattung maximale Wirkung für Bürger und Politik erzielen?“

Eine systematische Personalbedarfsermittlung verschafft Verwaltungsleitungen und politischen Entscheidungsträgern die Grundlage für evidenzbasierte Personalentscheidungen. Statt auf Vermutungen oder politischen Druck zu reagieren, können sie auf nachvollziehbare Berechnungen und transparente Methodik verweisen.

Diese Transparenz ist gerade in politischen Diskussionen um Stellenpläne von unschätzbarem Wert. Wenn eine Verwaltung begründen kann, warum sie für eine bestimmte Aufgabe eine definierte Personalausstattung benötigt, schafft das Glaubwürdigkeit und Legitimität. Umgekehrt können auch Einsparpotenziale präzise identifiziert und umgesetzt werden, ohne die Aufgabenerfüllung zu gefährden.

 

 

Die vier Säulen systematischer Personalbedarfsermittlung

Professionelle Personalbedarfsermittlung ruht auf vier methodischen Säulen, die nur im Zusammenspiel ihre volle Wirkung entfalten.

  1. Vollständige Aufgabenerfassung als Fundament

Der Ausgangspunkt jeder seriösen Personalbedarfsermittlung ist ein vollständiger und strukturierter Aufgabenkatalog. Hier zeigt sich bereits, ob eine Untersuchung oberflächlich oder gründlich angelegt ist. Ein professioneller Aufgabenkatalog erfasst nicht nur die offensichtlichen Hauptaufgaben, sondern auch die oft übersehenen Nebenaufgaben, die in der Summe erhebliche Ressourcen binden können.

Besonders wichtig ist die angemessene Detaillierung: Zu grob gefasste Aufgaben lassen sich nicht valide bemessen, zu kleinteilige Aufgaben führen zu unverhältnismäßigem Erhebungsaufwand. Die Kunst liegt in der richtigen Balance, die nur durch erfahrene Praktiker gefunden werden kann.

Ein qualitätvoller Aufgabenkatalog berücksichtigt auch zukünftige Entwicklungen. Neue gesetzliche Anforderungen, veränderte Fallzahlen oder geplante Digitalisierungsvorhaben fließen systematisch in die Betrachtung ein. So entsteht nicht nur eine Momentaufnahme, sondern eine zukunftsorientierte Planungsgrundlage.

 

  1. Methodisch fundierte Zeiterhebung

Die Ermittlung realistischer Bearbeitungszeiten ist das Herzstück jeder Personalbedarfsermittlung. Hier entscheidet sich, ob die Ergebnisse praxistauglich oder theoretisch bleiben. Bewährte Methoden wie die PERT-Technik (Program Evaluation and Review Technique) berücksichtigen, dass Verwaltungsaufgaben unterschiedlich komplex sein können und entsprechend unterschiedliche Bearbeitungszeiten erfordern.

Statt mit Durchschnittswerten zu arbeiten, die die Realität nur unzureichend abbilden, erfasst die PERT-Methode optimistische, realistische und pessimistische Zeitwerte für jede Aufgabe. Diese werden zu einem gewichteten Mittelwert verrechnet, der die tatsächliche Verteilung der Bearbeitungszeiten viel besser widerspiegelt als einfache Schätzungen. Ein besonderer Vorteil zeigt sich bei der Anpassung der Gewichtung: Kann das Verhältnis zwischen komplexen, normalen und einfachen Fällen durch die Erhebung dezidiert erfasst werden, wird die PERT-Methode in ihrer Gewichtung entsprechend angepasst. So entsteht ein noch präziseres Abbild der Verwaltungsrealität.

Für kontinuierliche Aufgaben ohne klaren Fallbezug – wie Gremienarbeit oder strategische Planung – werden ergänzende Methoden wie die MAK-Verteilung (Mitarbeiterkapazitätsverteilung) eingesetzt. So entsteht ein differenziertes Bild des gesamten Arbeitsspektrums.

 

  1. Valide Fallzahlenerhebung

Selbst die präziseste Zeitmessung bleibt wertlos ohne verlässliche Fallzahlen. Die Qualität der Fallzahlenerhebung entscheidet maßgeblich über die Aussagekraft der gesamten Personalbedarfsermittlung. Professionelle Erhebung nutzt objektive Datenquellen wie Fachverfahren, Statistiken oder dokumentierte Vorgangserfassungen und ergänzt diese durch strukturierte Schätzverfahren dort, wo keine automatisierte Erfassung möglich ist.

Besondere Herausforderungen entstehen bei schwankenden oder schwer prognostizierbaren Fallzahlen. Hier bewähren sich Szenario-Techniken, die verschiedene Entwicklungen durchrechnen und entsprechende Personalbedarfe aufzeigen. So können Verwaltungen flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren, ohne jedes Mal eine neue Vollerhebung durchführen zu müssen. Ein wesentlicher Mehrwert entsteht durch fortschreibungsfähige Bemessungstabellen, die es auch ungeübten Anwendern ermöglichen, bei veränderten Fallzahlen oder neuen Anforderungen aktualisierte Berechnungen selbstständig durchzuführen.

 

  1. Transparente Bedarfsberechnung

Die Berechnung des Personalbedarfs erfolgt nach einer klaren, nachvollziehbaren Systematik, die den anerkannten Standards entspricht. Die Grundformel ist einfach: Bearbeitungszeit pro Fall multipliziert mit der Fallzahl pro Jahr, geteilt durch die verfügbare Jahresarbeitszeit einer Vollzeitkraft.

Entscheidend ist jedoch die sachgerechte Berücksichtigung von Faktoren wie Verteilzeit für allgemeine Verwaltungstätigkeiten, Ausfallzeiten oder besonderen Anforderungen einzelner Aufgabenbereiche. Ein professionelles Berechnungsmodell macht diese Faktoren transparent und ermöglicht es, verschiedene Szenarien durchzuspielen. Die Fortschreibungsfähigkeit der Bemessungstabellen gewährleistet dabei, dass Verwaltungen auch nach Projektabschluss eigenständig auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können, ohne externe Expertise hinzuziehen zu müssen.

 

 

Die Integration in den Organisationskontext

Personalbedarfsermittlung entfaltet ihre volle Wirkung nur, wenn sie in einen umfassenden Organisationsentwicklungsprozess eingebettet ist. Isolierte Stellenberechnungen ohne Bezug zu Strukturen, Prozessen und strategischen Zielen bleiben Stückwerk.

Die moderne Herangehensweise verbindet die Personalbedarfsermittlung systematisch mit der Aufgaben- und Prozessanalyse. Bevor ermittelt wird, wie viele Stellen für eine Aufgabe benötigt werden, wird geklärt, ob die Aufgabe in der bisherigen Form überhaupt noch zeitgemäß ist. Können Prozesse optimiert, standardisiert oder digitalisiert werden? Gibt es Doppelarbeiten oder überflüssige Kontrollen? Diese Fragen zu beantworten, ist Voraussetzung für eine sinnvolle Personalplanung.

Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung organisatorischer Entwicklungen. Geplante Strukturveränderungen, neue Kooperationen oder veränderte Aufgabenzuschnitte fließen in die Berechnung ein. So entsteht nicht nur eine Ist-Analyse, sondern eine zukunftsorientierte Sollkonzeption.

 

 

Vom Ist-Bedarf zum strategischen Soll-Konzept

Die Ermittlung des Ist-Personalbedarfs ist nur der erste Schritt. Der eigentliche Mehrwert entsteht bei der Entwicklung von Soll-Konzepten, die optimierte Strukturen und Prozesse berücksichtigen. Hier zeigt sich, ob eine Personalbedarfsermittlung handwerklich solide durchgeführt wird oder nur oberflächliche Zahlenspielerei betreibt.

Soll-Konzepte entstehen in einem strukturierten Dialog zwischen Analyseergebnissen und Organisationserfahrung. In Soll-Struktur-Workshops werden die Erkenntnisse der Personalbedarfsermittlung mit strategischen Überlegungen, geplanten Prozessoptimierungen und verfügbaren Ressourcen zusammengeführt. So entstehen realistische Entwicklungsszenarien, die sowohl fachlich fundiert als auch praktisch umsetzbar sind.

Besonders wertvoll sind dabei fortschreibungsfähige Berechnungsmodelle, die es Verwaltungen ermöglichen, bei veränderten Rahmenbedingungen die Auswirkungen auf den Personalbedarf selbstständig zu ermitteln. Steigen die Fallzahlen? Werden neue Aufgaben übertragen? Wie wirken sich Prozessoptimierungen aus? Mit einem professionellen Berechnungstool können diese Fragen schnell und fundiert beantwortet werden.

 

 

Erfolgsfaktoren in der Praxis

Die Qualität einer Personalbedarfsermittlung zeigt sich nicht nur in der methodischen Sauberkeit, sondern auch in der praktischen Umsetzbarkeit. Mehrere Erfolgsfaktoren haben sich als entscheidend erwiesen:

Frühe Beteiligung aller Stakeholder: Eine Personalbedarfsermittlung, die ohne Einbindung der Personalvertretung, der betroffenen Führungskräfte und der Mitarbeitenden durchgeführt wird, ist zum Scheitern verurteilt. Die systematische Partizipation erhöht nicht nur die Datenqualität, sondern schafft auch Akzeptanz für die Ergebnisse.

Transparente Kommunikation: Alle Beteiligten müssen verstehen, warum die Untersuchung durchgeführt wird, wie sie abläuft und welche Konsequenzen zu erwarten sind. Nur so können Ängste abgebaut und konstruktive Mitwirkung gefördert werden.

Methodische Stringenz: Die Erhebung muss nach anerkannten Standards erfolgen und alle Schritte nachvollziehbar dokumentieren. Dies schafft Legitimität und ermöglicht es, die Ergebnisse auch gegenüber kritischen Nachfragen zu verteidigen.

Umsetzungsorientierung: Die besten Berechnungen sind wertlos, wenn sie nicht in konkrete Personalplanungen überführt werden können. Eine praxistaugliche Personalbedarfsermittlung berücksichtigt daher von Anfang an die Umsetzungsvoraussetzungen und entwickelt realistische Implementierungskonzepte.

Personalbedarfsermittlung als Investition in die Zukunft

Eine professionell durchgeführte Personalbedarfsermittlung ist keine Einmalausgabe, sondern eine Investition in die langfristige Handlungsfähigkeit der Verwaltung. Die dabei entwickelten Methoden, Berechnungsmodelle und Erkenntnisse bilden die Grundlage für eine kontinuierliche, evidenzbasierte Personalplanung.

Verwaltungen, die über solche Instrumente verfügen, können schneller und fundierter auf veränderte Anforderungen reagieren. Sie können neue Aufgaben realistisch bewerten, Haushaltsverhandlungen faktenbasiert führen und ihre Personalressourcen strategisch optimal einsetzen.

In Zeiten knapper Kassen und steigender Anforderungen wird diese Fähigkeit zur präzisen Personalsteuerung zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Verwaltungen, die ihre Personalbedarfe systematisch ermitteln und steuern können, sind nicht nur effizienter – sie sind auch besser gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft.

 

Warum Personalbedarfsermittlung mit der GfV zum nachhaltigen Erfolg führt

Die GfV hat in über 140 Projekten ein bewährtes Vorgehen zur Personalbedarfsermittlung entwickelt, das methodische Exzellenz mit praktischer Anwendbarkeit verbindet. Unser Ansatz basiert auf der eigens entwickelten VESPRA-Methode und orientiert sich an den Standards des Organisationshandbuchs des Bundes.

Was unsere Personalbedarfsermittlung auszeichnet:

  • Methodische Fundierung: Anerkannte Verfahren wie PERT-Methode und MAK-Verteilung gewährleisten valide Ergebnisse
  • Integrierte Betrachtung: Personalbedarfe werden nicht isoliert, sondern im Kontext von Strukturen und Prozessen ermittelt
  • Partizipativer Ansatz: Systematische Einbindung aller Beteiligten von der Erhebung bis zur Validierung
  • Prozessbegleitende Qualitätssicherung: Freigabe von Fallzahlen und Bearbeitungszeiten durch fachverantwortliche Führungskräfte sichert die Validität der Ergebnisse
  • Fortschreibungsfähigkeit: Excel-basierte Berechnungstools ermöglichen eigenständige Anpassungen bei veränderten Rahmenbedingungen
  • Umsetzungsbegleitung: Von der ersten Analyse bis zur nachhaltigen Implementierung in die Personalplanung

Mit über 20 Jahren Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung verstehen wir die spezifischen Herausforderungen und entwickeln maßgeschneiderte Lösungen, die in Ihrer Verwaltungsrealität funktionieren. Denn erfolgreiche Personalbedarfsermittlung ist mehr als Rechnen – sie ist strategische Organisationsentwicklung.