Gezieltes Stakeholdermanagement und weitere Erfolgsfaktoren für eine valide Personalbedarfsermittlung
Die Ermittlung des Personalbedarfs als Teil der Personalplanung ist eine zentrale Herausforderung für Organisationen der öffentlichen Verwaltung. Als Beratungsunternehmen haben wir zahlreiche Personalbedarfsermittlungen umgesetzt und in der Arbeit mit unseren Kunden erlebt, dass methodische Präzision allein nicht ausreicht. Ein fundierter und praxisnaher Ansatz muss den unterschiedlicher Akteurs-Interessen gerecht werden, in dem durch ein gezieltes Stakeholdermanagement ein wichtiger Beitrag für eine valide, akzeptierte und handlungsleitende Datengrundlage geschaffen wird.
Faktor Mensch berücksichtigen: Welche Herausforderungen können auftreten?
Eine Personalbedarfsermittlung kann Ängste und Vorbehalte auslösen. Mitarbeitende und auch Führungskräfte können dazu tendieren, ihren Arbeitsplatz sowie den Status quo der Aufgabenerledigung rechtfertigen zu wollen. Dabei greifen menschliche Mechanismen, die es im weiteren Prozess zu berücksichtigen gilt. Gleichzeitig können verschiedenen Akteure innerhalb der Verwaltung unterschiedliche Interessen verfolgen. Während Führungskräfte die Chance sehen können, einen erhöhten Personalbedarf im Vergleich zum aktuellen Stellenplan festzustellen und mit der Personalbedarfsermittlung Argumente für die Freigabe zusätzlicher Stellen zu erhalten, können Personal- und Organisationsmanager eine gegenteilige Perspektive einnehmen. Sie stehen vor der Herausforderung, mit Blick auf Haushalts- und Personalengpässe möglichst geringe Mehrbedarfe zu ermitteln.
Die Nutzung der vorhandenen Expertise in der Organisation ist zentraler Bestandteil unseres Vorgehens. Die Mitarbeitenden sind die Expertinnen und Experten für ihre Fachaufgaben. Die Führungskräfte sind die Expertinnen und Experten für ihren Fachbereich und verfügen über wertvolle Einblicke in das Controlling sowie perspektivische Fallzahlenentwicklungen. Beide Expertisen müssen in einem gesteuerten Prozess in die Personalbedarfsermittlung miteinbezogen werden. Beteiligungsorientierung als Grundsatz unseres Beratungsansatzes wird dabei nicht zum Selbstzweck, sondern gezielt und für den Projekterfolg eingesetzt.
Um den beschriebenen Herausforderungen sowie den Bedarfen einer validen Personalbedarfsermittlung gerecht zu werden, haben sich in der praktischen Bemessungsarbeit zwei Grundsätze als erfolgskritisch erwiesen: Erstens muss im Rahmen des Prozesses ein zielgerichtetes Stakeholdermanagement erfolgen, das relevante Perspektiven und Expertisen an definierten Prozesspunkten einbezieht. Zweitens sollte die Personalbedarfsermittlung entlang eines standardisierten Ablaufs mit eingebauten Validierungsschleifen und Meilensteinen zur Qualitätssicherung umgesetzt werden.
Expertise gezielt einbeziehen, Validität des Ergebnisses erhöhen: Wie muss dabei vorgegangen werden?
Die Personalbedarfsermittlung beginnt mit der Abstimmung relevanter, organisationsspezifischer Grunddaten mit den Personal- und Organisationsbereichen. Die Personal- und Organisationsmanager sind dabei die Expertinnen und Experten für die Aufbau- und Aufgabenstruktur der Gesamtverwaltung und fungieren als Sparringspartner für die Führungskräfte der Fachbereiche in der Personalplanung. Für die Ermittlung des Personalbedarfes müssen in einem ersten Schritt zentrale Daten für die Bemessungsgrundlage erhoben werden, darunter durchschnittliche Krankheitstage, Sonderurlaube und allgemeine Verteilzeiten der Organisation. Darüber hinaus werden relevante Daten des Stellenplanes abgefragt. Die zum Zeitpunkt der Erhebung vorhandenen Ressourcen (d.h. bewirtschaftete Stellen) für einzelne Funktionen oder Aufgabenbereiche stellen dabei die Grundlage für die Auslastungsanalyse im Ist-Zustand der Organisation dar.
Als Grundlage für die weitere Bemessung wird ein Aufgabenkatalog mit allen Fachaufgaben der Organisation erstellt und mit den Mitarbeitenden validiert sowie Bearbeitungszeiten zu den einzelnen Fachaufgaben erhoben. Eine interne Vorab-Schätzung der Bearbeitungszeiten in den jeweiligen Teams ist zur Vorbereitung der Bemessungsinterviews von entscheidender Bedeutung, um in den anschließend durchgeführten Schätzinterviews im 4-Augen-Prinzip ein organisatorisches Gesamtbild zu erheben. Durch diese interne Einbeziehung verschiedener Aufgabenträgerinnen und -träger wird eine möglichst realitätsgetreue Erhebung von Bearbeitungszeiten, unabhängig von individuellen Erfahrungswerten und Arbeitsweisen, ermöglicht. Die Schätzinterviews können außerdem dazu genutzt werden, wertvolle Einblicke in operative Herausforderungen der Mitarbeitenden zu erhalten, und mögliche Optimierungspotenziale zu diskutieren. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse lassen wir in die weitere Auswertung und Ableitung von Empfehlungen für die Organisationsentwicklung einfließen.
Zur Steigerung der Validität des Ergebnisses greifen wir für die Erhebung von Fallzahlen auf das Controlling zurück. Anders als bei der Ermittlung der Bearbeitungszeiten auf Mitarbeitendenebene hat es sich für die Fallzahlenerhebung als zielführend erwiesen, diese zentral und auf Führungsebene durchzuführen und dabei bestenfalls auf Daten des Fachcontrollings sowie interner Statistiken zurückzugreifen. Für die Sicherung einer validen Datengrundlage hat sich eine enge Begleitung der Führungskräfte als zielführend herausgestellt. Häufig ist die Durchführung einer Personalbedarfsermittlung für die betroffenen Organisationseinheiten der erste Schritt hin zu einem Fachcontrolling. Die Fallzahlenerhebung kann aufgrund eines gering ausgeprägten Controllings für die Führungskräfte herausfordernd sein und sollte mit Rat und Tat unterstützt werden.
Mitarbeitende können dazu tendieren, Bearbeitungszeiten entlang selbst definierter Standards mit dem Ziel einer bestmöglichen Aufgabenerledigung zu schätzen. Für die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips und eine möglichst effiziente Ressourcennutzung entlang definierter Qualitätsstandards ist eine letzte Validierungsschleife aller erhobenen Daten mit den Führungskräften daher erfolgskritisch, um zu realistischen Werten zu kommen. Hierbei wird die Datenbasis „glattgezogen“ und letzte Unstimmigkeiten – beispielsweise eine verzerrte Verteilung von Ressourcen auf einzelne Aufgaben, unrealistische Bearbeitungszeiten oder verzerrte Fallzahlen – bereinigt. Anschließend erfolgt ein „Freeze“ der Datengrundlage, um daraufhin die Ermittlung der Auslastung im Ist-Zustand der Organisation durchzuführen. Dieser Schritt ist essenziell, um eine solide Datenbasis für mögliche Soll-Szenarien und Zukunftsprognosen zu ermitteln sowie die derzeitige Auslastung der Organisation vergleichend gegenüberstellen zu können. Nach Freigabe der Datengrundlage durch die Führungskräfte ist ein wesentlicher Meilenstein in der Personalbedarfsermittlung erreicht.
Anschlussfähiges Ergebnis erzielen, Grundlage für eine solide Personalplanung erarbeiten: Was ist der Mehrwert?
Die Ermittlung einer validen Datengrundlage in der Personalbedarfsermittlung ermöglicht eine strategische Personalplanung, die sich an kurz-, mittel- und langfristig prognostizierten Veränderungen in den Aufgabenprofilen, Fallzahlen sowie notwendigen Bearbeitungszeiten ausrichtet. Dadurch wird eine langfristige Handlungsfähigkeit der Organisation sichergestellt und die Führungskräfte erhalten die notwendigen Orientierungswerte zur Steuerung der zur Verfügung stehender Ressourcen. Ein weiterer zentraler Vorteil unseres Vorgehens ist die Anschlussfähigkeit des Ergebnisses. Durch die frühzeitige Beteiligung der Mitarbeitenden und Führungskräfte der betroffenen Bereiche sowie die Nutzung der in der Organisation vorhandenen Expertise steigt die Akzeptanz des Ergebnisses. Eine solide Datengrundlage ist außerdem weniger anfechtbar und ermöglicht es, notwendige Personalbedarfe datengetrieben und auf Basis verschiedener Prognosen gegenüber der Politik zu vertreten.
Durch eine methodisch fundierte Personalbedarfsermittlung lassen sich somit strategische Entscheidungsprozesse transparenter gestalten. Gleichzeitig erhalten Führungskräfte bei regelmäßigen Evaluationen der Daten wertvolle Erkenntnisse über Handlungsbedarfe bei der Aufgabensteuerung sowie veränderte Anforderungen an die Aufgabenerledigung ihrer Teams.
Unsere Beratungserfahrung hat gezeigt, dass eine gezielte Kombination aus Beteiligungsorientierung, strukturierten Verfahren und einem systematischen Stakeholdermanagement der Schlüssel zu einer erfolgreichen Personalbedarfsermittlung ist. Die öffentliche Verwaltung steht vor der Herausforderung, ihre personellen Kapazitäten strategisch und effizient ausrichten zu müssen. Eine belastbare Personalbedarfsermittlung bildet die Grundlage für eine nachhaltige Personalstrategie und ermöglicht eine proaktive Steuerung personeller Ressourcen. Der Erfolg liegt dabei in der konsequenten Umsetzung eines methodisch fundierten Prozesses, der menschliche Faktoren berücksichtigt, validierte Datengrundlagen schafft und alle relevanten Akteure gezielt einbindet.