Die zwei Säulen erfolgreicher Organisationsentwicklung

Juni 17, 2025
von Michael Ahr
Geschäftsführer

Strukturelle Klarheit und Rollenklarheit: Die zwei Säulen erfolgreicher Organisationsentwicklung

In der Beratungspraxis zeigt sich immer wieder: Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung scheitert nicht an mangelnder Motivation oder fehlendem Willen zur Veränderung. Sie scheitert daran, dass zwei fundamentale Voraussetzungen nicht erfüllt sind – strukturelle Klarheit und Rollenklarheit. Ohne diese beiden Säulen bleibt jede Initiative zur Verwaltungsmodernisierung oberflächlich und verpufft im Arbeitsalltag.

Strukturelle Klarheit: Das Fundament funktionierender Organisation

Strukturelle Klarheit bedeutet zunächst eine saubere Aufbauorganisation. Jede Aufgabe muss eindeutig zugeordnet sein, jede Verantwortlichkeit klar definiert. Das klingt trivial, ist aber in der Verwaltungspraxis oft nicht gegeben. Typische Symptome sind Doppelzuständigkeiten, ungeklärte Abgrenzungen zwischen Fachbereichen oder Aufgaben, die „irgendwie alle machen“.

Darüber hinaus braucht es standardisierte, medienbruchfreie und digitale Prozesse. Nicht um ihrer selbst willen, sondern weil sie Effizienz und Qualität sicherstellen. Ein Sozialamt, das Anträge noch in Papierform bearbeitet und zwischen verschiedenen IT-Systemen hin- und herwechselt, bindet Ressourcen, die für die eigentliche Aufgabe – die Unterstützung hilfebedürftiger Menschen – fehlen.

Geklärte Schnittstellen sind der dritte Baustein struktureller Klarheit. Wer gibt was an wen weiter? Nach welchen Kriterien? In welcher Form? Diese Fragen müssen nicht nur beantwortet, sondern auch gelebt werden. Eine Eingliederungshilfe-Verwaltung beispielsweise, in der die Fallsteuerung nicht weiß, welche Informationen der Leistungserbringer oder die Hilfeplanung benötigt, produziert täglich Reibungsverluste.

Rollenklarheit: Vom Kontrollmodus zur Selbstwirksamkeit

Strukturelle Klarheit allein reicht nicht. Sie muss ergänzt werden durch Rollenklarheit auf den Ebenen Führung und Sachbearbeitung. Hier liegt einer der neuralgischen Punkte deutscher Verwaltungskultur: die Tendenz zur Kontrolllogik.

Viele Führungskräfte in Städten, Kreisen und Gemeinden agieren noch immer nach dem Prinzip „Ich muss alles wissen und absegnen“. Sachbearbeitende wiederum fragen bei jeder Entscheidung nach: „Darf ich das? Ist das so richtig?“ Diese Kultur der ständigen Rückversicherung ist ineffizient und demotivierend. Sie verhindert, dass Mitarbeitende ihre Rolle selbstwirksam ausüben können.

Erfolgreiche Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung bedeutet hier einen Kulturwandel: Mehr Verantwortung muss delegiert und operativ wahrgenommen werden. Das setzt voraus, dass Mitarbeitende ihre Handlungsspielräume kennen und ausschöpfen können. Eine Sozialarbeiterin im Jugendamt muss wissen, welche Entscheidungen sie eigenständig treffen kann und bei welchen sie Rücksprache halten sollte. Diese Abgrenzung muss klar kommuniziert und im täglichen Verwaltungshandeln konsistent gelebt werden.

Die Wechselwirkung: Warum beide Säulen gleichzeitig entwickelt werden müssen

Strukturelle Klarheit und Rollenklarheit bedingen sich gegenseitig. Ohne klare Strukturen können Rollen nicht eindeutig definiert werden. Ohne geklärte Rollen bleiben die besten Strukturen wirkungslos.

Ein praktisches Beispiel: Eine Kreisverwaltung führt ein neues digitales Verfahren für Baugenehmigungen ein. Die strukturelle Seite – Software, Schnittstellen, Prozessabläufe – ist technisch einwandfrei umgesetzt. Trotzdem funktioniert das System nicht, weil die Rollenklarheit fehlt. Sachbearbeitende trauen sich nicht, Entscheidungen im System zu treffen, Teamleitende fühlen sich übergangen, wenn Mitarbeitende eigenständig agieren. Das Ergebnis: Alle Vorteile der Digitalisierung verpuffen, weil die organisatorische Seite nicht mitentwickelt wurde.

Konkrete Ansatzpunkte für die Beratungspraxis

Wie lässt sich diese Erkenntnis in der Beratungspraxis umsetzen? Drei bewährte Ansatzpunkte:

Erstens: Eine systematische Analyse der bestehenden Verwaltungsstrukturen und Rollen. Wo sind Zuständigkeiten unklar? Welche Prozesse erzeugen unnötige Schleifen? An welchen Stellen blockiert die Kontrolllogik effizientes Arbeiten?

Zweitens: Die gemeinsame Entwicklung neuer Spielregeln. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen zusammen definieren, wie Verantwortung künftig verteilt wird. Diese Arbeit kann nicht „von oben“ verordnet werden, sondern muss partizipativ erfolgen.

Drittens: Die konsequente Umsetzung und Begleitung des Wandels. Alte Gewohnheiten ändern sich nicht über Nacht. Es braucht Geduld, Unterstützung und die Bereitschaft, Rückschläge als Teil des Lernprozesses zu verstehen.

Fazit: Verwaltungsentwicklung als ganzheitlicher Ansatz

Erfolgreiche Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung erfordert den Mut, beide Säulen gleichzeitig anzugehen. Strukturelle Klarheit ohne Rollenklarheit bleibt technokratisch. Rollenklarheit ohne strukturelle Basis bleibt beliebig. Erst die Kombination schafft die Voraussetzung für eine moderne, leistungsfähige Verwaltung, die ihre Aufgaben effizient und bürgernah erfüllen kann.

Das bedeutet für Beratungsprojekte: Nicht nur Prozesse optimieren oder nur an der Organisationskultur arbeiten. Sondern beides systematisch und aufeinander abgestimmt entwickeln. Nur so entstehen nachhaltige Veränderungen, die im Arbeitsalltag ankommen und Wirkung entfalten.

Warum die Arbeit an klaren Strukturen und Rollen mit der GfV nachhaltige Verwaltungsentwicklung schafft

Die GfV verbindet über 20 Jahre Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung mit einem systematischen Ansatz, der strukturelle und kulturelle Veränderungen gleichermaßen berücksichtigt. Wir verstehen Organisationsentwicklung nicht als isolierte Prozessoptimierung oder oberflächliche Kulturarbeit, sondern als integrierte Transformation beider Säulen.

Was unseren Ansatz auszeichnet:

  • Ganzheitliche Betrachtung: Systematische Analyse von Struktur- und Rollendefiziten in einem integrierten Vorgehen
  • Partizipative Entwicklung: Führungskräfte und Mitarbeitende entwickeln gemeinsam neue Spielregeln statt verordneter Lösungen
  • Praxiserprobte Methodik: Bewährte Instrumente für die gleichzeitige Entwicklung von Strukturen und Rollen
  • Nachhaltige Begleitung: Systematische Unterstützung des Wandels mit Geduld für Lernprozesse und Rückschläge
  • Verwaltungsexpertise: Tiefes Verständnis für die besonderen Herausforderungen öffentlicher Organisationen

Wir schaffen nicht nur neue Organigramme oder führen Teambuilding-Workshops durch, sondern entwickeln funktionsfähige Organisationen, in denen klare Strukturen und selbstwirksame Rollen eine moderne, leistungsfähige Verwaltung ermöglichen. Organisationsentwicklung, die tatsächlich im Arbeitsalltag ankommt und nachhaltige Wirkung entfaltet.