Beyond Zufriedenheit: Was Mitarbeiterbefragungen in der öffentlichen Verwaltung wirklich messen sollten

Juni 27, 2025
von Michael Ahr
Geschäftsführer

Beyond Zufriedenheit: Was Mitarbeiterbefragungen in der öffentlichen Verwaltung wirklich messen sollten

„Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Arbeitsplatz?“ – Diese Frage steht am Ende fast jeder Mitarbeiterbefragung in der öffentlichen Verwaltung. Doch sie ist die falsche Frage. Zufriedenheit ist ein Gefühl, ein subjektiver Eindruck, der von tausend Faktoren beeinflusst wird: dem Wetter an diesem Tag, der letzten Begegnung mit einem schwierigen Bürger, der privaten Stimmung. Was Führungskräfte in Kommunen und Behörden wirklich brauchen, sind nicht Stimmungsbilder, sondern systematische Erkenntnisse über die Arbeitsplatzqualität und deren konkrete Einflussfaktoren.

Das Problem oberflächlicher Zufriedenheitsmessung

Die meisten Mitarbeiterbefragungen in der Verwaltung messen Symptome statt Ursachen. Ein Team kann „zufrieden“ sein und trotzdem ineffizient arbeiten. Mitarbeitende können unzufrieden sein, obwohl die organisatorischen Rahmenbedingungen stimmen – vielleicht liegt es nur an unklaren Kommunikationswegen oder fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten. Diese Differenzierung geht bei pauschalen Zufriedenheitsfragen verloren.

Das führt zu fatalen Fehlschlüssen: Hohe Zufriedenheitswerte werden als Beweis für gut funktionierende Strukturen interpretiert, niedrige Werte lösen hektische Aktivitäten aus, die an den eigentlichen Problemen vorbeigehen. Eine Verwaltung, die nur die Gesamtzufriedenheit misst, navigiert im Nebel – sie weiß nicht, welche Stellschrauben sie drehen muss, um tatsächliche Verbesserungen zu erreichen.

Besonders problematisch wird es, wenn verschiedene Organisationseinheiten miteinander verglichen werden. Team A hat 3,2 von 5 Punkten, Team B erreicht 3,8 Punkte – was bedeutet das konkret? Liegt der Unterschied an der Führung, der Arbeitsorganisation, den Entwicklungsmöglichkeiten oder schlicht an unterschiedlichen Erwartungshaltungen? Ohne systematische Analyse der Einflussfaktoren bleiben solche Vergleiche oberflächlich und wenig aussagekräftig.

Warum die öffentliche Verwaltung eine andere Herangehensweise braucht

Die öffentliche Verwaltung unterscheidet sich fundamental von Privatunternehmen – und das muss sich auch in der Mitarbeiterbefragung widerspiegeln. Verwaltungsmitarbeitende haben andere Motivationsstrukturen, arbeiten unter anderen Rahmenbedingungen und sehen sich anderen Herausforderungen gegenüber als Beschäftigte in der freien Wirtschaft.

Der öffentliche Dienst zieht Menschen an, die gesellschaftlichen Beitrag leisten wollen, die Sicherheit schätzen und langfristig denken. Gleichzeitig arbeiten sie in Strukturen, die von politischen Entscheidungen, rechtlichen Vorgaben und gesellschaftlichen Erwartungen geprägt sind. Eine Mitarbeiterbefragung, die diese Besonderheiten ignoriert und mit Standard-Fragen aus der Privatwirtschaft operiert, verfehlt die Realität der Verwaltungsarbeit.

Hinzu kommt die besondere Rolle der Führung in der Verwaltung: Führungskräfte haben weniger direkte Gestaltungsspielräume als in der Privatwirtschaft, müssen aber dennoch motivieren, entwickeln und steuern. Sie brauchen präzise Informationen darüber, wo sie tatsächlich Einfluss nehmen können und wo strukturelle oder rechtliche Grenzen existieren. Pauschale Zufriedenheitsmessungen helfen dabei nicht.

Die sechs Dimensionen systematischer Arbeitsplatzanalyse

Professionelle Mitarbeiterbefragung für die öffentliche Verwaltung analysiert Arbeitsplatzqualität entlang von sechs systematischen Dimensionen, die alle wichtigen Aspekte der Verwaltungsarbeit erfassen und gleichzeitig konkrete Handlungsfelder für Führungskräfte identifizieren.

  1. Belastungsempfinden: Work-Life-Balance und Arbeitsintensität

Diese Dimension erfasst nicht nur die quantitative Arbeitsbelastung, sondern auch deren qualitative Aspekte. Wie empfinden Mitarbeitende den Zeitdruck? Welche Rolle spielen schwierige Bürgerkontakte? Wie wirken sich rechtliche Unsicherheiten auf das Stressempfinden aus? Ist die Arbeitszeit planbar oder bestimmt von unvorhersehbaren Ereignissen?

Besonders in der Verwaltung ist die emotionale Belastung ein wichtiger Faktor: Der Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen, die Verantwortung für weitreichende Entscheidungen und die öffentliche Aufmerksamkeit für Verwaltungshandeln erzeugen spezifische Belastungen, die in Standard-Befragungen oft übersehen werden.

  1. Kommunikation: Informationsfluss und Transparenz

Verwaltung lebt von Information – und scheitert oft an mangelhafter Kommunikation. Diese Dimension untersucht systematisch, wie Informationen in der Organisation fließen: Erhalten Mitarbeitende die Informationen, die sie für ihre Arbeit brauchen? Sind Entscheidungen nachvollziehbar kommuniziert? Funktioniert der Austausch zwischen verschiedenen Ebenen und Bereichen?

Dabei wird zwischen verschiedenen Kommunikationsrichtungen unterschieden: Wie funktioniert die Information von oben nach unten? Wie der Austausch zwischen den Ebenen? Wie die horizontale Kommunikation zwischen verschiedenen Fachbereichen? Diese Differenzierung ist entscheidend, weil Kommunikationsprobleme oft sehr spezifisch sind und gezielte Lösungen erfordern.

  1. Zusammenarbeit: Teamdynamik und Schnittstellenqualität

Verwaltungsarbeit ist Teamarbeit – auch wenn das nicht immer sichtbar ist. Diese Dimension analysiert, wie gut die Zusammenarbeit innerhalb der Teams und zwischen verschiedenen Organisationseinheiten funktioniert. Gibt es gegenseitige Unterstützung? Werden Konflikte konstruktiv gelöst? Funktionieren die Schnittstellen zu anderen Bereichen?

Besonders wichtig ist die Analyse der horizontalen Zusammenarbeit: Wie gut kooperieren verschiedene Fachbereiche miteinander? Entstehen Reibungen durch unterschiedliche fachliche Perspektiven? Gibt es klare Absprachen über Zuständigkeiten und Verfahrensweisen? Diese Fragen sind in der stark spezialisierten Verwaltung von besonderer Bedeutung.

  1. Aufgabenorganisation: Klarheit und Struktur der Arbeit

Diese Dimension untersucht, wie klar und sinnvoll die Arbeitsaufgaben organisiert sind. Wissen Mitarbeitende, was von ihnen erwartet wird? Sind die Zuständigkeiten eindeutig geregelt? Entspricht die tatsächliche Arbeit den formalen Stellenbeschreibungen? Gibt es sinnvolle Prioritätensetzungen?

In der Verwaltung ist diese Dimension besonders kritisch, weil rechtliche Vorgaben und politische Entscheidungen die Aufgabenorganisation stark beeinflussen. Die Befragung muss erfassen, wie gut es gelingt, externe Anforderungen in sinnvolle interne Arbeitsorganisation zu übersetzen.

  1. Fort- und Weiterbildung: Entwicklung und Perspektiven

Der öffentliche Dienst konkurriert zunehmend um qualifizierte Fachkräfte – und Entwicklungsmöglichkeiten sind ein entscheidender Faktor für die Attraktivität als Arbeitgeber. Diese Dimension erfasst nicht nur das formale Weiterbildungsangebot, sondern auch die gelebte Entwicklungskultur: Werden Mitarbeitende ermutigt, sich weiterzuentwickeln? Gibt es klare Karriereperspektiven? Wird Lernen als Investition oder als Zeitverschwendung gesehen?

Dabei wird zwischen verschiedenen Entwicklungsformen unterschieden: fachliche Qualifizierung, Führungskräfteentwicklung, digitale Kompetenzen und persönliche Entwicklung. Die Verwaltung braucht alle diese Dimensionen, um zukunftsfähig zu bleiben.

  1. Arbeitszufriedenheit: Das Ergebnis der anderen Dimensionen

Erst am Ende steht die Gesamtzufriedenheit – aber nicht als isolierte Frage, sondern als Resultat der anderen fünf Dimensionen. Durch die systematische Analyse der Einflussfaktoren wird verständlich, wie sich die Gesamtzufriedenheit zusammensetzt und wo die wichtigsten Hebel für Verbesserungen liegen.

Diese Herangehensweise macht Zufriedenheit messbar und steuerbar: Statt zu raten, warum ein Team unzufrieden ist, zeigt die Analyse konkret, welche Faktoren den größten Einfluss haben und wo Führungskräfte ansetzen können.

Von der Symptom- zur Ursachenanalyse: Konkrete Anwendung

Ein praktisches Beispiel aus einer Kreisverwaltung zeigt, wie die systematische Herangehensweise zu konkreten Erkenntnissen führt: Die pauschale Zufriedenheitsmessung ergab für ein Sachgebiet nur 2,8 von 5 Punkten – ein alarmierender Wert, aber ohne Orientierung für Verbesserungsmaßnahmen.

Die systematische Analyse der sechs Dimensionen offenbarte ein differenziertes Bild: Die Zusammenarbeit im Team funktionierte hervorragend (4,6 Punkte), ebenso die Aufgabenorganisation (4,2 Punkte). Problematisch waren hingegen die Kommunikation mit der Führungsebene (2,1 Punkte) und die fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten (1,9 Punkte). Das Belastungsempfinden war überdurchschnittlich hoch (2,3 Punkte), lag aber nicht an der Arbeitsintensität, sondern an mangelnder Planbarkeit der Arbeitszeit.

Diese Erkenntnisse ermöglichten gezielte Maßnahmen: Regelmäßige Jour-fixes zwischen Sachgebietsleitung und Team, ein strukturiertes Entwicklungsgespräch-System und bessere Arbeitsplanung durch Priorisierung der Aufgaben. Nach einem Jahr hatte sich die Gesamtzufriedenheit auf 4,1 Punkte verbessert – nicht durch oberflächliche Motivationsmaßnahmen, sondern durch systematische Beseitigung der identifizierten Problemursachen.

Praktische Umsetzung: Von der Messung zur Steuerung

Die systematische Arbeitsplatzanalyse wird erst durch die richtige Umsetzung zu einem wertvollen Führungsinstrument. Jede der sechs Dimensionen erfordert spezifische Fragestellungen, die auf die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung zugeschnitten sind.

Bei der Dimension „Belastungsempfinden“ werden beispielsweise nicht nur Arbeitszeiten und Arbeitsintensität erfragt, sondern auch verwaltungsspezifische Belastungsfaktoren: Wie belastend sind schwierige Bürgerkontakte? Wie wirken sich häufige Rechtsänderungen auf das Sicherheitsgefühl aus? Wie empfinden Mitarbeitende den Umgang mit politischen Entscheidungen, die ihre Arbeit beeinflussen?

Die Dimension „Kommunikation“ erfasst nicht nur die Häufigkeit von Informationen, sondern deren Qualität und Timing: Erfahren Mitarbeitende von wichtigen Entscheidungen rechtzeitig? Sind die Informationen vollständig und verständlich? Gibt es Rückkopplungsmöglichkeiten? Diese Differenzierung ist entscheidend, weil Kommunikationsprobleme in der Verwaltung oft sehr spezifisch sind.

Besonders wertvoll wird die Analyse durch die Betrachtung von Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen: Wie hängen Kommunikationsprobleme mit dem Belastungsempfinden zusammen? Welchen Einfluss haben Entwicklungsmöglichkeiten auf die Bereitschaft zur Zusammenarbeit? Diese Zusammenhanganalysen decken oft überraschende Verbindungen auf und zeigen, wo einzelne Maßnahmen mehrfache Wirkung entfalten können.

Führungskräfte als Schlüssel erfolgreicher Arbeitsplatzgestaltung

Die systematische Arbeitsplatzanalyse zielt darauf ab, Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung zu befähigen, ihre Teams gezielt zu entwickeln. Dafür brauchen sie nicht nur Daten, sondern Orientierung: Welche Probleme kann ich direkt beeinflussen? Wo brauche ich Unterstützung von der nächsthöheren Ebene? Bei welchen Herausforderungen sind strukturelle oder rechtliche Änderungen erforderlich?

Die Analyse der sechs Dimensionen schafft diese Orientierung: Probleme bei der Aufgabenorganisation kann die Führungskraft meist direkt angehen. Kommunikationsprobleme erfordern oft Abstimmung mit anderen Bereichen. Defizite bei den Entwicklungsmöglichkeiten brauchen möglicherweise organisationsweite Lösungen oder Budgetentscheidungen.

Diese Differenzierung hilft dabei, realistische Erwartungen zu entwickeln und die verfügbaren Handlungsspielräume optimal zu nutzen. Führungskräfte konzentrieren sich auf die Bereiche, in denen sie tatsächlich Verbesserungen erreichen können, statt sich an unveränderbaren Strukturen abzuarbeiten.

Kontinuierliche Entwicklung statt punktueller Messung

Systematische Arbeitsplatzanalyse ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Die sechs Dimensionen bieten einen stabilen Rahmen für die regelmäßige Überprüfung der Arbeitsplatzqualität und die Bewertung von Verbesserungsmaßnahmen.

Durch Wiederholungsbefragungen wird sichtbar, welche Maßnahmen tatsächlich wirken und wo nachgesteuert werden muss. Die systematische Herangehensweise ermöglicht es auch, Entwicklungen in einzelnen Dimensionen zu verfolgen: Verbessert sich die Kommunikation? Nehmen die Belastungen ab? Werden die Entwicklungsmöglichkeiten besser genutzt?

Diese kontinuierliche Betrachtung schafft eine Kultur der systematischen Verbesserung, in der nicht nur auf Probleme reagiert wird, sondern proaktiv an der Arbeitsplatzqualität gearbeitet wird. Mitarbeitende erleben, dass ihre Rückmeldungen ernst genommen werden und zu konkreten Verbesserungen führen – das erhöht die Bereitschaft zur ehrlichen Teilnahme an zukünftigen Befragungen.

Ausblick: Arbeitsplatzqualität als strategischer Erfolgsfaktor

In Zeiten des Fachkräftemangels wird Arbeitsplatzqualität zu einem strategischen Erfolgsfaktor für die öffentliche Verwaltung. Verwaltungen, die systematisch an den sechs Dimensionen arbeiten, entwickeln sich zu attraktiven Arbeitgebern, die qualifizierte Fachkräfte gewinnen und halten können.

Die systematische Arbeitsplatzanalyse liefert dafür die notwendige Datenbasis: Sie zeigt, wo die Verwaltung bereits gut aufgestellt ist und wo noch Entwicklungsbedarf besteht. Sie macht Arbeitsplatzqualität messbar und steuerbar – und damit zu einem Instrument der strategischen Personalentwicklung.

Verwaltungen, die diese Chance nutzen, positionieren sich als moderne, mitarbeiterorientierte Organisationen, die nicht nur verwalten, sondern auch ihre eigene Entwicklung systematisch vorantreiben.

Warum systematische Arbeitsplatzanalyse mit der GfV messbare Verbesserungen schafft

Die GfV hat das 6-Dimensionen-Modell speziell für die Anforderungen der öffentlichen Verwaltung entwickelt und in zahlreichen Projekten erprobt. Unser Ansatz geht über Standard-Zufriedenheitsmessungen hinaus und liefert Führungskräften die Erkenntnisse, die sie für gezielte Verbesserungen brauchen.

Was unser Modell auszeichnet:

  • Verwaltungsspezifische Dimensionen: Sechs systematische Bereiche erfassen alle relevanten Aspekte der Verwaltungsarbeit
  • Ursachen statt Symptome: Analyse der Einflussfaktoren ermöglicht gezielte Maßnahmen statt oberflächlicher Aktivitäten
  • Handlungsorientierte Auswertung: Jede Dimension zeigt konkrete Ansatzpunkte für Führungskräfte in Kommunen und Behörden
  • Zusammenhanganalyse: Systematische Betrachtung von Wechselwirkungen zwischen den Dimensionen
  • Kontinuierliche Entwicklung: Aufbau einer Kultur der systematischen Arbeitsplatzverbesserung
  • Benchmarking-Möglichkeit: Vergleichbarkeit zwischen Teams und Organisationseinheiten

Wir messen nicht nur Zufriedenheit, sondern analysieren systematisch Arbeitsplatzqualität. Das Ergebnis sind konkrete Erkenntnisse für bessere Führung und nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Ihrer Verwaltung – beyond Zufriedenheit.

 

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